Archiv für 19. Oktober 2013

Zurück in Saigon bezogen wir wieder unser Zimmer im Qartier 1, in dem wir auch Sachen während des Kambodiateips deponiert hatten. Das ist ein netter Service, der überall in den Hotels und Gästehäusern in Vietnam geboten wird. Wenn man einige Tage auf Tour gehen möchte, kann kostenlos Gepäck bis zur Rückkehr deponiert werden.

Gleich am nächsten Morgen hatten wie eine eintägige Stadtrundfahrt gebucht, von der ich hoffte, ein wenig mehr von dem großen Saigon zu sehen zu bekommen. Bislang waren wir nur einige Male durch die Stadt gefahren und hatten das zentrale Viertel des Quartier 1 mehrmals zu Fuß durchquert. In Saigon gibt es 12 Viertel, die mit Ziffern bezeichnet sind. Die restlichen Viertel tragen Namen. Die Stadtrundfahrt fing zunächst gut an.

Infotafel - War Remnants Museum Saigon

Infotafel – War Remnants Museum Saigon

Wir besuchten das War Remnants Museum. Leider hatten wir dort nur eine Stunde Zeit. Die umfangreiche Dokumentation mit vielen Exponaten, Fotos und Berichten über den Vietnamkrieg konnte ich daher leider nur im Eiltempo durchlaufen. Wieder ein Ort mit erschütternden Bildern und Zeitdokumenten. Auch wenn mir viele Informationen über den Vietnamkrieg bekannt sind, war die Dokumentation vieler Einzelschicksale doch sehr berührend. Die Reiseleiterin betonte, dass die vietnamesische Regierung zwar die Greultaten des VIetnamkrieges bewahren möchte, heute aber dem Land an einer guten Beziehung zu den USA gelegen sei. “ Wir möchten uns schließlich weiter entwickeln“, fügte sie in einem Nachsatz hinzu.

tiger cages

tiger cages

Interessant und erschütternd auch die Geschichte der Gefangenenlager auf der Insel Phu Quok, auf der die Gefangenen erst von der Kolonialmacht Frankreich und später von der durch die Amerikaner eingesetzten Regierung in Südvietnam unter schlimmsten Bedingungen leben mussten. Einige Gefangene wurden  in sogenannten Tigercages gefangen gehalten. Tigerkäfige sind einfache Drahtgestelle, in denen die Menschen hockend oder liegend zusammengepfercht wurden.

War Remnants Museum Saigon - Shinouk Helicopter

War Remnants Museum Saigon – Chinook Helicopter

Neben den Zeitdokumenten ist eine große Ausstellung von Kinderbildern, die für den Frieden gemalt haben, zu bewundern. Männliche Jugendliche aus aller Welt kann man dabei beobachten, wie sie sich gerne mit den US Bombern oder einem US Chinook Helikopter ablichten zu lassen.

War Remnants Museum Saigon - Kinderbilder für den Frieden

War Remnants Museum Saigon – Kinderbilder für den Frieden

Bild aus dem War Remnants Museum in Saigon

Bild aus dem War Remnants Museum in Saigon

Nach dem Museum besuchten wir Chinatown mit einem alten chinesischen Tempel, den die Chinesen hier zum Dank, dass die Meeresgöttin sie gut über das Meer nach Vietnam geleitet hatte, errichteten. Hier kann jeder Wünsche kaufen. Die aufgeschriebenen Wünsche werden an einem zu einer Spirale gewundenem Räucherstäbchen befestigt, das eine Woche bis zum Abbrennen vor sich hinglüht. Über den Schalen mit den Räucherstäbchen hängen die vielen Wünsche. Ob sie alle in Erfüllung gehen? Spender für den Tempel werden namentlich auf lila Bändern am Rande des Tempels verewigt und wöchentlich ausgetauscht.

Chinesischer Tempel Saigon - Weihrauchwünsche an der Decke

Chinesischer Tempel Saigon – Weihrauchwünsche an der Decke

Chinesischer Tempel Saigon- Spendenbänder

Chinesischer Tempel Saigon- Spendenbänder

Der riesige trubelige chinesische Großmarkt ist eher für Großhändler geeignet, da nur Waren ab 10 Stück gekauft werden können. Dennoch erstanden einige Tourteilnehmer Bilder und günstige Handtaschen. Auch hier beginnt man sich anscheinend auf die Touristen einzustellen. Den restlichen Teil der Stadtrundfahrt konnten wir vergessen.

Wieselkaffee

Wieselkaffee

Ein Verkaufsstand für teuren Kaffee und ein Besuch einer Werkstätte, die vietnamesisches Handwerk herstellte. Die Erklärungen fielen spärlich aus und im Vordergrund stand der beabsichtigte Verkauf der 300 % überteuerten Waren. Wieselkaffee soll angeblich einer der besten Kaffees der Welt sein, da er tierisch vorverdaut ist. Ich frage mich, warum dann der vietnamesische Kaffee so – ich sage es mal vorsichtig – zumindest mir so anders schmeckt. Auch der Besuch der Werkstätten löste nicht gerade Freude bei mir aus. Angeblich sollten alle Verkaufsexponate von behinderten Personen gefertigt sein. Tatsächlich unterschieden sich die Massenprodukte durch nichts von den restlichen überall im Land angebotenen Waren. Auf Nachfrage räumte der Verkäufer ein, dass man auch in einer Fabrik produzieren würde. Schließlich könnten ja nicht 5 behinderte Personen so viel Ware fertigen. Das hatte ich mir fast gedacht. Nachdem wir wieder im Bus verstaut waren, stieg der Verkäufer in seinen großen Lexus und fuhr davon.

Saigon - Hauptpostamt im französischen Viertel

Saigon – Hauptpostamt im französischen Viertel

Laut Reiseleiterin soll jeder, der ein Auto in Vietnam fährt, sehr reich sein. Beim Kauf der ohnehin sehr teuren Wagen, fällt ein Steuer von 100 % des Kaufpreises an. Die Schere von arm und reich klafft eklatant auseinander. Wie ist es in diesem Land möglich so reich zu sein? Die schlichte Antwort der Reiseleiterin: Korruption. Es gibt in Saigon 9 Mio. Einwohner und 6 Mio. Scooter. Unter 100 Kubikzentimeter ist keine Lizenz nötig. Über 100 Kubikzentimeter wird ein Führerschein käuflich erworben. So etwas wie eine Fahrschule gibt es nicht. Wer ohne Führerschein erwischt wird, zahlt 200 $ oder wenn er Glück hat 5 $ in die Kaffeekasse der Polizei.

Saigon - Notre Dame

Saigon – Notre Dame

Nach einer ausgedehnten Mittagspause, in der wir uns Essen kaufen durften, sollten wir den Wiedervereinigungspalast besuchen. Der Besuch fiel leider aus, da ein ranghoher General vor einigen Tagen verstorben ist und nun die Trauerfeierlichkeiten in dem Palast abgehalten wurden. Ersatz für den ausgefallenen Programmpunkt gab es nicht.

Saigon - Hauptpostamt im französischen Viertel

Saigon – Hauptpostamt im französischen Viertel

Dafür waren wir zu früh im französischen Viertel und konnten nur einen Blick auf die Kirche Notre Dame und das Hauptpostamt werfen. Die Öffnungszeiten waren später. Da wir nun wegen dem nicht zu besichtigen Wiedervereinigungspalast zu früh da waren, konnten wir uns nur mit einem schlechten Kaffee und Eis versorgen und mit 300 anderen Besuchern die Kirche von außen bewundern. Dann endete die Tour nicht wie vorgesehen um 17 Uhr, sondern bereits um 14.30 Uhr.

Mein Tipp: Traveller schaut Euch die Agentur genau an, bei der ihr bucht. Fragt explizit nach einzelnen Programmpunkten. Gut ist auch, wenn Ihr eine Agentur erwischt, die die Touren selber durchführt und sich nicht anderer Subunternehmen bedient.

Bunte Helme

Bunte Helme

Doch man weiß nie, wofür etwas gut ist. Durch die doch eher enttäuschende Tour war Zeit für eigene Unternehmungen. Zunächst besuchten wir den Großmarkt im Quartier 1 und gewannen interessante Eindrücke in das interne Preisgefüge.

Tipp: Wenn Mitbringsel aus Stoff, Holz, Stein und Bambus gekauft werden möchten, ist meines Erachtens hier der günstigste Ort in Vietnam. Im Außenring des Marktes sind die Preise fix, so dass man sich einen Eindruck von dem ungefähren richtigen Preis verschaffen kann. Verhandlungskünstler können im Innenbereich ihr Glück versuchen. Nach meiner Erfahrung wird für jedes Produkt in diesem Land jeder Preis verlangt. Alles ist möglich. Ein Beispiel: Überall im Land werden recht hübsche Schalen aus Bambus im Dreierset angeboten. In Touristenläden, bei denen der Bus stoppte, wurden Preise von 16 $ bis 92 $ für die absolut gleiche Ware verlangt. In Hoi An kostete das Set zwischen 10 $ und 15 $. Au dem Markt in Saigon ließ sich ein Set für 10 $ erhandeln. Im Festpreisbereich kostete es noch 6 $. Der normale Preis liegt unter dem Festpreis. So kann man sich vorstellen, wie und wo hier im Land auch ohne Korruption gutes Geld verdient wird.

Vietamesische Studentengruppe

Vietamesische Studentengruppe

Am späten Nachmittag schlenderten wir durch den großen Park im Viertel. Wir wurden wieder – wie bereits in Hanoi – von jungen VIetnamesen angesprochen, die uns sehr höflich und freundlich fragten, ob wir ein wenig Zeit hätten. “ Wir sind Studenten und möchten Englisch lernen und üben“. Froh endlich nicht nur von Verkäuferln umzingelt zu sein, willigten wir gerne ein, ein wenig mit den jungen Leuten zu reden. Sie stellten viele freundliche Fragen zu unserer Reise, zur Familie und zu unseren Ländern. Auch wir fragten und erhielten freundliche Antworten. Die Gespräche waren sehr informativ und ich konnte an diesen jungen Menschen die vielgerühmte Herzlichkeit und Freundlichkeit der Vietnamesen in Kombination mit Höflichkeit und Zurückhaltung feststellen. Auffällig war, dass sie weder zu unseren Aussagen noch zu ihren eigenen Aussagen Wertungen hinzufügten. Alles wurde mit einem Lächeln auf den Lippen ausgesprochen. Und noch etwas war auffällig. In diesen vielen jungen Menschen, die keine Mühe scheuen, um zu lernen und im Leben weiter zu kommen, steckt ein enormes Potential. Mit ihrer Arbeitsmoral und ihrem freundlichen zielstrebigen Handeln werden sie zukünftig Konkurrenz aus Europa nicht fürchten müssen.

Sehr beeindruckt von diesem Zusammentreffen wanderte ich nach Hause. Und um das Glück perfekt zu machen, fand ich auch noch einen Stick für meine Fotos. In dem Geschäft dann die andere Seite der Medaille. Sage und schreibe acht Personen bedienen mich für einen Stick für 8 $. Es werden Rechnungen geschrieben und mein Name wird auf einem Fromblatt registriert. Personalkosten sind günstig und Service muss teilweise noch ein wenig geübt werden. Aber der Eindruck bleibt – Vietnam mausert sich.

Bunte Helme

Bunte Helme

An Läden mit bunten lustigen Motorradhelmen vorbei, die wahrscheinlich nur spaßig, aber nicht wirklich tauglich sind, geht es zurück ins Hotel. Meine Erfahrung nach einigen Wochen Vietnamreise ist, dass es sich tatsächlich lohnt, weitmöglichst individuell zu reisen. Bei Selbstorganisation fallen nicht nur geringere Kosten an, sondern auf diese Art besteht die größte Möglichkeit, Land und Leute hautnah und abseits der üblichen Touristenpfade zu erleben.

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